Was geschieht nach einem „Einschlag“ – geologisch und psychodynamisch?
von Markus Jensch
Wir kennen ihn – den anständigen, freundlichen Kollegen, der immer dafür sorgt, dass die Stimmung im Team möglichst angenehm ist. Und wenn’s mal brenzlig wird, verharmlost er die Situation, bagatellisiert, sucht nach Erklärungen oder macht gute Miene zum bösen Spiel. Nennen wir ihn einfach einmal „Harmonizer“.
Wie steckt er negative Energien weg? Wie schafft er es, aggressive Schwingungen abzufedern? Er hat einen sanften, Konflikte vermeidenden Stil des Verhaltens entwickelt. Damit umfährt er die Schlaglöcher des Lebens gewissermaßen.
Mit Unverständnis begleiten wir seine – äußerst seltenen – unvermittelt auftretenden Ausbrüche, denn diese scheinen so gar nicht zu seinem „normalen“ Verhalten zu passen: Aus Verharmlosung wird Attacke, aus Unterordnung Nötigung, aus Gut-Zureden wird Blockade usw.
Die abrupte Umkehrung der Verhaltensrichtung ist mit der Beschreibung des SYNCHRONIZING®-Kugelmodells nicht nur leichter nachvollziehbar, sondern auch unmittelbar sichtbar geworden. Wir haben solche komplementären Verhaltensweisen auf die Wirkung „psychomagnetischer“ Kräfte (Wellen/Schwingungen) zurückgeführt, die schlagartig bei entsprechendem Spannungsaufbau ihre Richtung ändern können. Wer lange die Faust in der Tasche ballt und gute Miene macht, droht nach einem erneuten „Einschlag“ zu platzen. Wir haben diesen bipolaren Verhaltens-Zusammenhang im o.g. Blogbeitrag mit einer Stricknadel demonstriert: Sie verläuft durch die Kugel von einem Verhaltenspol zu seinem komplementären Pol. Im Kugelmodell gibt es 24 solcher Pole, die auf 24 Achsen präzise einander zugeordnet sind: Interesse zeigen und Ideen geben sind z.B. zwei Pole auf einer Achse oder entscheiden und zuarbeiten zwei andere Pole auf einer gemeinsamen Achse.
Das psychodynamische Kugelmodell ermöglicht auf diese Weise eine relativ genaue Prognose eines Verhaltens im Stress-/Konflikt-Fall. Nun könnte man einwenden, dass solche „Erkenntnisse“ am grünen Tisch entstanden sind und wissenschaftlichen Überprüfungen nicht standhielten. Solche psychodynamischen Zusammenhänge haben wir seit 1980 systematisch erforscht und mehrfach auf die komplementären Verhaltensweisen in Stress-Situationen hingewiesen. Bei Alkoholikern haben wir diese Muster deutlich aufzeigen können (nüchtern: defensives Verhalten, betrunken: offensives Verhalten).
Seit über zwanzig Jahren beschreiben wir strukturelle Ähnlichkeiten zwischen dem SYNCHRONIZING®-Modell und Modellen aus der Chemie (Perioden-System) oder der Atom-Physik (Erfüllung der Achterschale / Edelgaskonfiguration). Auf die Gesetze der Thermodynamik haben wir erst kürzlich hingewiesen, um die drei Farben des Seelischen zu erläutern (vgl. Beitrag über „Aggregatzustände des Seelischen“). Bei meinen Recherchen über Antipodenveränderungen bin ich auf den Physiker Mark Boslough gestoßen, der sich mit der Abwehr von Asteroiden beschäftigt. Vor gut 15 Jahren untersuchte er mit einem Mediziner die Auswirkungen von Aufprall-Verletzungen am Vorderschädel. Die Forscher konnten erstaunliche Folgen nachweisen: Durch Bündelungen von Druckwellen (Stresswellen) entstanden exakt gegenüber der Aufprallstelle vorn gravierende Verletzungen am Hinterkopf, ohne dass im Zwischenbereich des Schädels sichtbare Verletzungen aufgetreten waren.
Boslough ließ von der NASA Versuche durchführen, mit denen dieses Phänomen weiter erforscht werden sollte. Eine massive Glaskugel wurde mit einem Projektil beschossen. An der Einschlagstelle traten massive Zerstörungen auf. Im Mittelbereich war die Kugel unversehrt, aber gegenüber wiederholte sich das Zerstörungsbild der Einschlagseite. So konnte Bosloughs Hypothese, dass dem Einschlag eines Meteoriten eine „Verletzung“ der Erde auf der Gegenseite – dem komplementären Konvergenzpunkt – folgt, verifiziert werden. Berechnungen mit dem Supercomputer Red Storm der NASA belegten seine Hypothesen auch in theoretischen Computersimulationen: Dem Einschlag eines großen Meteoriten folgt eine massive Schädigung der Erdkruste auf dem Oppositpunkt der Erde. Dem Einschlagkrater entspricht z.B. die Entstehung von Vulkanen auf der Gegenseite des Erdballs – punktgenau!
Erst auf Basis dieser Hypothese konnte das „große Sterben“ vor 65 Millionen Jahren erklärt werden: Allein dem Einschlag des riesigen Meteoriten bei Yucatan (Mexico) konnte der Effekt der Zerstörung fast allen Lebens nicht zugeschrieben werden. Das gleichzeitige Ausbrechen von Vulkanen auf der Gegenseite des Erdballs führte zur Verdunkelung der Atmosphäre und damit zur Zerstörung der Lebensgrundlage durch Ausbleiben der Photosynthese.
Die Theorie der „Antipodenfokussierung“ führte dazu, dass vielen Vulkanen entsprechende Einschlagkrater von Meteoriten zugewiesen werden konnten und umgekehrt. Die Entwicklung von sog. „Hotspots“ auf der gegenüberliegenden Seite eines Einschlags konnte mit einer Genauigkeit von fünf Kilometern bestimmt werden. Würde man eine Riesenstecknadel durch den Einschlagkrater eines Meteoriten und durch den Erdmittelpunkt stecken, so käme die Spitze der Nadel am Hotspot – dem Antipoden des Kraters – auf der Gegenseite der Erdkugel wieder heraus.
Die Parallele zum SYNCHRONIZONG®-Kugelmodell: Kennt man den Einschlagkrater im Persönlichkeitsmodell – z.B. durch „Bloßstellung“ in der roten Zwei/ Achse Durchsetzung – so kann man durch Antipodenfokussierung den Hotspot (die Fernwirkung) bestimmen: Hier die Vertuschung auf dem Komplementärfeld 7 am Kompromisspol der Durchsetzungsachse. In sehr vielen Fällen kann die prognostizierte Wirkung auch tatsächlich beobachtet werden. Da aber nicht jeder Hotspot einen äußerlich sichtbaren Effekt zeitigt, können die Phänomene auch nicht immer direkt beobachtet werden. Im Kugelmodell sind die Effekte, die sich im unteren Bereich der Kugel abspielen, oft so maskiert, dass auch der geübte Beobachter sehr genau hinschauen muss, um sie zu entdecken. Der brodelnde Hotspot unter einer „gute Miene“- machenden Fassade ist nur zu erahnen. Mit genügend Menschenkenntnis lässt sich der Ausbruch vorhersagen – nicht aber sein Zeitpunkt. Der seelische Ausbruch kann nach innen gehen (Krankheit) oder nach außen (Wutausbruch).
Bei der Übertragung präzise beschriebener Phänomene aus unterschiedlichen Bereichen der Naturwissenschaften auf das psychodynamische Strukturmodell können wir oft verblüffende Ähnlichkeiten der Gesetzmäßigkeiten erkennen. Die Kenntnis solcher Gesetzmäßigkeiten erhöht die Zuverlässigkeit der Prognose eines Verhaltens in kritischen Situationen. Je besser wir unser Verhalten und das Verhalten anderer berechenbar machen können, umso sicherer können wir Konflikten begegnen oder ihnen vorbeugen. Die Erkenntnisse können auch gute Dienste leisten für das Verständnis und für die Behandlung post-traumatischer Belastungsstörungen.